Angst ist der kleine Tod
Erst einmal vorweg genommen. Angst ist an sich eine sehr sinnvolle Reaktion, die sich nicht nur bei uns Menschen wiederfindet, sondern auch in der Tierwelt. Angst ist das Reaktionsmuster der Alarmbereitschaft. Im besten Fall signalisiert sie uns so eine drohende Gefahr und löst entsprechende Aufmerksamkeit und Handlungsbereitschaft zur Beseitigung von Gefahren aus.
Nur können unsere Ängste weit darüber hinaus gehen. Wer kennt sie nicht – die Angst vor Nähe, Einsamkeit, Liebe, Krankheit, Misserfolg, Armut, Jobverlust, die Angst vor dem Tod, oder ganz einfach die Angst davor, die Kontrolle zu verlieren.
Angst ist ein sehr unangenehmes Gefühl. Dem einen raubt sie den Schlaf. Einem anderen scheint das Herz fast zu zerspringen, so schnell schlägt es. Gefühle, die man schnell von sich wegdrücken möchte. Am Ende ist die Angst oft ein sehr lähmender Faktor, geradezu die größte Hürde, um in eine Veränderung zu gehen.
„Ich darf keine Angst haben.
Die Angst tötet das Bewusstsein.
Angst ist der kleine Tod, der zu völliger Zerstörung führt.
Ich werde meiner Angst ins Gesicht sehen.
Sie soll mich völlig durchdringen.
Und wenn sie von mir gegangen ist, wird nichts zurückbleiben.
Nichts außer mir.“
Frank Herbert in Dune, in der Litanei gegen die Angst
Ich hatte irgendwo einmal nur diese kurze Zeile – Angst ist der kleine Tod – aufgeschnappt. Für mich fühlte sich dieser Ausdruck irgendwie stimmig an. Die Textpassage in seiner Gesamtheit braucht vielleicht das zwei oder dreimalige Lesen. Aber da ist etwas dran.
Veränderungsprozesse sind immer mit Ängsten gekoppelt. Veränderungen sind ein Aufbruch ins Unbekannte – und das macht Angst. Wir wissen nicht, was passiert, wie sich die Dinge entwickeln, wenn wir unser Leben ändern; an welcher Stelle auch immer. Wir fürchten uns davor, die Kontrolle zu verlieren – Kontrolle, die vermeintliche Sicherheit.
Kommt Ihnen das bekannt vor, dass man sich in sein Problem einnistet, es sich irgendwie in ihm bequem macht, denn immerhin ist es uns wenigstens vertraut. Am Ende kann man sich ja vielleicht doch daran gewöhnen?
Aber irgendwann wird der Druck unerträglich. Wenn die Seele nicht gehört wird, meldet sich der Körper und der kann am Ende sehr „laut“ werden. Meistens sind wir dann zum Sprung bereit.
„Geh´ du vor“, sagt die Seele zum Körper, „auf mich hört er nicht, vielleicht hört er auf dich.“ „Ich werde krank werden, dann wird er Zeit für dich haben“, sagt der Körper zur Seele.“ Ulrich Schaffer
Weihnachten 2015 hatte ich mich mit Jörg Andrees Elten verabredet; im Gepäck sein Buch „Karma & Karriere – Leben in Zeiten der Angst“. Meine Frage damals war, kann es wirklich gelingen, wenn man sich so komplett aus alten Mustern herauslöst, Kontrolle aufgibt, los lässt, vermeintliche Sicherheit aufgibt und das Neue wagt?
Sich so seinem Lebensweg anzuvertrauen ist am Anfang mitunter sehr ungewohnt und die Schritte manchmal noch wackelig und ja, auch die Angst zeigt sich an der einen oder anderen Stelle, wenn es darum geht, die Herausforderungen und Überraschungen des Lebens zu meistern.
Das Leben von Jörg Andrees Elten ist die beste Antwort – JA, es kann gelingen. Seine Signatur für mein Buch „alles wird gut“.
In seinem Buch berichtet er unter anderem von einem Schlüsselerlebnis, das er hatte, als er Aikido-Kämpfern zuschaute.
Aikido-Kämpfer fangen die Kraft auf, die im Angriff des Gegners steckt, und integrieren sie geschmeidig in ihre Gegenbewegung. Sie fließen sozusagen in den Angriff des Gegners hinein und bringen seine Stoßkraft in ihre Verteidigung ein.
„Ich schaute fasziniert zu und übertrug die Weisheit des Kampfsports auf mein eigenes Leben: Ich brauche Schicksalsschläge nicht zu fürchten, denn sie geben mir die wunderbare Gelegenheit, die Herausforderung anzunehmen und ihre Kraft für die Arbeit an mir selbst zu nutzen. Die Haltung des Loslassens und Akzeptierens ist die Haltung des „friedlichen Kriegers“. Für ihn gibt es keine Schicksalsschläge, sondern nur Wachstumschancen. … Nicht alles, was mir widerfährt, gefällt mir, aber ich weiß, dass gerade in den unerfreulichsten Ereignissen die meiste Energie steckt, und ich bin glücklich, wenn es mir gelingt, diese Energie in einen kleinen Fortschritt umzuwandeln“
Wir alle leben in einem System, ein System von Beziehungen wie Job; Familie, Partnerschaft. Nicht immer wird man Ihnen mit Wohlwollen begegnen, wenn Sie in die Veränderung gehen, oder Ihr Weg Sie vielleicht auch aus einem oder mehreren dieser Systemteile herausführt. Dann wird unter Umständen viel Kraft aufgewandt, Sie abzuwerten, Ihren Weg zu stören, oft nur, um selbst nicht in den Spiegel gucken zu müssen und den eigenen Anteil wahrzunehmen.
Ich gebe zu, nicht immer erschließt sich dabei sofort, worin genau die „Wachstumschance“ der sogenannten Herausforderung liegt. Und auf die eine oder andere Erfahrung hätten Sie vielleicht gerne verzichtet.
Ganz oft, ist es aber eine versteckte Angst, die bewusst oder unbewusst in uns angetriggert wird.
Können Sie diese Angst dann für sich erkennen, sind Sie schon wieder einen großen wichtigen Schritt weiter gegangen. Es kommt der Zeitpunkt, wo Sie ganz im (Selbst)Vertrauen sind und sich die Angst nicht mehr zeigt.
„… Und wenn sie von mir gegangen ist, wird nichts zurückbleiben.
Nichts außer mir. …“
Ab diesem Zeitpunkt kann sich Ihr Ärger in Mitgefühl verwandeln.
Und wer weiß, was diese Kraft dann hervorbringen kann?
Veränderungsprozesse und gerade auch der Umgang mit Ängsten in diesem Zusammenhang brauchen manchmal Unterstützung. Es ist nicht immer einfach, genau in solchen herausfordernden Situationen in seiner Kraft zu bleiben. Hier können Coaching und Therapie eine gute Begleitung auf Ihrem Weg sein.