Gönne dich dir selbst! – der Titel eines Buchs zum Thema Achtsamkeit oder Meditation?
Gönne dich dir selbst! – der Werbeslogan für eine Wellnessanwendung?
Beide Fragen könnte man ohne weiteres mit einem „Ja“ beantworten, oder?
„Wo soll ich anfangen? Am besten bei deinen zahlreichen Beschäftigungen, denn ihretwegen habe ich am meisten Mitleid mit dir. Ich fürchte, dass du eingekeilt in deine zahlreichen Beschäftigungen, keinen Ausweg mehr siehst und deshalb deine Stirn verhärtest; dass du dich nach und nach des Gespürs für einen durchaus richtigen und heilsamen Schmerz entledigst.
Es ist viel klüger, du entziehst dich von Zeit zu Zeit deinen Beschäftigungen, als dass sie dich ziehen und dich nach und nach an einen Punkt führen, an dem du nicht landen willst. Wenn du dein ganzes Leben und Erleben völlig ins Tätigsein verlegst und keinen Raum mehr für Besinnung vorsiehst, soll ich dich da loben? Darin lob ich dich nicht. …
Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne dich dir selbst. Ich sag nicht: Tu das immer, ich sage nicht: Tu das oft, aber ich sage: Tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da, oder jedenfalls sei es nach allen anderen.“
Das was sich hier wie ein Text aus aktueller Burnout-Prophylaxe Literatur liest, schreibt der Heilige Bernhard von Clairvaux (1090 – 1153) an seinen früheren Mönch, Papst Eugen III.
Es ist viel klüger, du entziehst dich von Zeit zu Zeit deinen Beschäftigungen, so schreibt Bernhard von Clairvaux. Das gilt heute noch um so mehr für uns. Eine Möglichkeit für solch eine Auszeit, eine Zeit für Stille, Besinnung und Einkehr findet man in einem Kloster.

Der Gedanke, ein paar Tage im Kloster zu verbringen, hatte schon lange seinen Platz in meinem Kopf. Doch bislang blieb es allein bei dem Gedanken. Dann passierte das, was man wohl im gemein hin Fügung nennt. Im Fernsehen läuft ein Bericht über ein Kloster. Der Gedanke in meinem Kopf aktiviert sich – schnelle Internetrecherche – kurze Suche – und dann war es da – Kloster St. Marienthal mit seinem Angebot der Besinnungstage. Nur wenige Stunden später war die Buchung bestätigt.
Solche Klosterauszeiten gibt es ja schon seit langer Zeit. Vielleicht haben Sie solche Tage auch schon einmal für sich genossen. Vielleicht ist es aber auch bei Ihnen im Moment nur dieser Gedanke im Kopf.
Die Motivation, sich für solch einen Rückzugsort zu entscheiden ist ganz unterschiedlich. Der eine befindet sich in einer herausfordernden Lebenssituation und erhofft sich seelischen Beistand. Ein anderer hat gerade eine schwierige Zeit, eine Krankheit o.ä. überwunden und braucht einen Rückzugsort, um wieder Kraft zu tanken. Oder sie wollen sich einfach nur einmal für eine kurze Zeit aus der Gedankenwelt unserer mittlerweile sehr narzisstisch geprägten Gesellschaft entziehen.
Egal welcher Beweggrund Ihrer ist, die klösterliche Stille und Abgeschiedenheit eignet sich hervorragend für eine erholsame Auszeit. Hier können Sie zu einer inneren und äußeren Ruhe kommen, um sich wieder zu finden und das Leben ein Stück neu zu entdecken und wahrzunehmen.
In dem Moment, wo ich das Klostertor durschritten habe, war sofort ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit, Ankommen und Loslassen können da. Ein Gefühl, dass übrigens auch andere Gäste so empfunden haben.
Muss ich eigentlich gläubig/ religiös/ spirituell sein, um solch eine Auszeit im Kloster machen zu können?
Was ist das eigentlich – Glauben/ Spiritualität? Dafür lassen sich verschiedene Definitionen finden. Glauben bzw. Spiritualität ist eine Charaktereigenschaft, die uns eigentlich allen gegeben ist; mehr oder weniger ausgeprägt. Insofern haben Sie alles dabei.
Das Psychologische Institut der Universität Zürich, Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik definiert Spiritualität in seinem Persönlichkeitstest „Values in Action“ wie folgt: Spirituelle Menschen haben kohärente Überzeugungen über den höheren Sinn und Zweck des Universums. Sie glauben an eine übermächtige Macht bzw. an einen Gott. Ihre religiösen Überzeugungen beeinflussen ihr Denken, Handeln und Fühlen und können auch in schwierigen Zeiten eine Quelle des Trostes und der Kraft sein. Religiöse Menschen praktizieren ihre Religion, was sich durch unterschiedliche Verhaltensweisen zeigen kann, z.B. beten, meditieren, Kirchenbesuch oder Besinnung. Menschen, denen Religion nichts bedeutet, finden keinen durch den Glauben unterstützen Lebenssinn.
Bei den Besinnungstagen im Kloster St. Marienthal stehen einem die Türen offen, für eine ganz besondere Zeit. Man ist eingeladen zu einer stillen Zeit der Besinnung und Betrachtung, auch mit geistigem und geistlichem Austausch.
Für mich war es ein sehr tiefes Erlebnis, den Schwestern bei Ihren Gebetszeiten so nahe sein zu dürfen. Es ist eine sehr schöne und auch kraftvolle Energie, wenn Gebete durch die gesangliche Rezitation wie Wellen durch den Raum schwingen. Allein das auf sich wirken zu lassen war Meditation pur.

Durch die Begleitung der Theologin, Dr. Beata Bykowska und auch einer Schwester, Schwester M. Anna Rademacher OCist, wird man sehr offen und herzlich an das Leben im Kloster herangeführt. So wird ein sehr wertschätzendes und respektvolles Zusammensein möglich.
Ich persönlich habe gerade die geistige Tiefe der Gespräche sehr genossen. Ein besonderer Höhepunkt war z.B. auch, mit Schwester Anna im Neißetal spazieren zu gehen. Das mag sich für Sie jetzt vielleicht gerade sehr trivial anhören. Doch die Möglichkeit für die Schwestern, sich außerhalb des Klosters zu bewegen, besteht noch gar nicht so lange.
Für mich auch ein Geschenk, abends allein in einer traumhaft schönen Kirche zu sitzen. Es ist dunkel; nur eine Kerze leuchtet. Das große bunte Fenster noch leicht vom Tageslicht hinterleuchtet. Dann eine Stunde meditieren. Ich habe selten so eine kraftgebende Meditation erlebt.
Wann immer Sie das Gefühl haben, sich zurückziehen zu müssen, Kraft zu tanken oder auch das Gefühl von selbstloser Nähe genießen zu wollen, kann ich Ihnen solch eine Auszeit, egal ob kurz oder lang, von Herzen empfehlen.
Ich bin sehr froh darüber, diesen Ort – Kloster St. Marienthal – für mich entdeckt zu haben.
Anke Mehrholz
Mein ganz besonderer und tiefer Dank gilt Schwester M. Anna Rademacher OCist und Dr. Beata Bykowska für ihre so einzigartige und herzliche Begleitung.