Innehalten ∞ Durchatmen

Die Stille Jahreszeit ist oft getragen von der Sehnsucht nach Liebe, Leben und der Suche nach innerer Zufriedenheit.
Doch oft ist diese Sehnsucht so groß, dass wir uns in Unternehmungen, Konsum und Aktionismus verlieren, um sie zu stillen. Doch je mehr wir uns im Außen verlieren, um so mehr entfernen wir uns von unserer eigenen Mitte und verlieren die Balance. Gerade die Weihnachtszeit verleitet dazu, hier ins Ungleichgewicht zu gehen und doch lädt sie auch dazu ein uns die Zeit zu nehmen, um auszuruhen und Kraft zu sammeln. Wir haben die Möglichkeit, Dinge zu verarbeiten, zu regenerieren und in die Klarheit und Achtsamkeit zu gehen.

Viel zu oft hetzen wir durch diese Zeit. Oft nehmen wir vielleicht auch Signale unseres Körpers war, die uns ermahnen mehr in die Ruhe und Entschleunigung zu kommen, doch reagieren wir nicht angemessen darauf. Nun ja, der Körper kann dann mitunter sehr viel deutlicher in seiner Kommunikation werden.
In meinem Fall heißt das Entschleunigung par excellence ∞ Laufen braucht fast die dreifache Zeit ∞ beinahe jeder Schritt ist jetzt bewußt gesetzt.
Eine wunderbare Gelegenheit zum Innehalten, zur Innenschau und Besinnung auf die Achtsamkeit.

Dabei kam mir wieder eine „Atemmeditation“ in den Sinn, die im wahrsten Sinne des Wortes das Herz berührt.

Seit kurzem ist erst bekannt: das Herz hat – ebenso wie der Darm – ein eigenes Netzwerk aus etwa 40.000 Neuronen, eine Art eigenes kleines Gehirn.

Dieses „Herz-Gehirn“ kann unabhängig vom Kopf:

  • eigenständig wahrnehmen
  • die Funktion des Herzens regulieren, je nachdem, was es wahrnimmt
  • sich entsprechend von Erfahrungen verändern, also erinnern und lernen
  • Veränderungen schneller spüren als das Kopf-Gehirn, also die Zukunft intuitiv „vorhersehen“
  • das Kopf-Gehirn und den gesamten Organismus beeinflussen

Neben den Neuronen besitzt das Herz eine eigene Hormonfabrik, mit der es mittels der Hormone Adrenalin und Noradrenalin die Leistungsfähigkeit und den Blutdruck steuern kann. Außerdem kann diese Fabrik das herzeigene Hormon Oxytocin freisetzen. Das passiert zum Beispiel beim Orgasmus, wenn sich Liebende Umarmen oder wenn eine Mutter ihr Kind stillt. Oxytocin stärkt die emotionale Bindung.

Nicht nur über Hormone beeinflusst das Herz-Gehirn das Kopf-Gehirn. Es ist über das vegetative Nervensystem direkt mit ihm verbunden und kann so auch direkt auf das Kopf-Gehirn einwirken.

Die Forscher haben weiterhin herausgefunden: das elektromagnetische Feld des Herzens ist das größte des menschlichen Körpers und kann über mehrere Meter Entfernung gemessen werden. Es kann nicht nur den eigenen Körper, sondern auch die Hirnwellen von Mitmenschen in unserer Nähe beeinflussen und sich mit ihnen synchronisieren. Andere Menschen können unsere „Herz-Energie“ daher spüren. Dass es dieses elektromagnetische Feld gibt, liegt in der Evolution begründet. Die elektromagnetische Kommunikation ließ Gruppen sich besser austauschen und verstehen, was in früheren Zeiten überlebenswichtig war.

Was das Herz und sein Gehirn tun, hängt davon ab, ob es im Gleichgewicht ist. Gerät das Herz aus den Fugen, tut es das emotionale Gehirn auch.
Und anders herum: wenn wir lernen, wie wir es ins Gleichgewicht bringen können, tun wir unseren Gedanken, Gefühlen und dem ganzen Organismus Gutes.

Das Herz im (Un)gleichgewicht

Nur, wenn Anspannung – etwa als Kampf oder Flucht – und Entspannung gleichermaßen gut funktionieren, arbeitet das Herz harmonisch. Um sich schnell anpassen zu können, ist das Intervall der Herzschläge ständig im Wechsel: keine zwei Herzschläge hintereinander haben denselben zeitlichen Abstand. Wie ein Fußball-Torwart beim Elfmeter hin und her springt, tut es das Herz auch. Es bleibt in Bewegung und passt sich in jeder Sekunde an kleinste Kleinigkeiten an. Zumindest bei gesunden Menschen zeigen sich daher gleichmäßige Wellen auf einem Monitor, der die Abstände zwischen den Herzschlägen aufzeichnet.

Wird das Herzintervall auf diese Weise gleichmäßig kürzer und länger, wechseln sich also kurze und lange Abstände zwischen den Herzschlägen ebenmäßig ab, spricht man von „Kohärenz“.

Das Gegenteil der Kohärenz wird als „Chaos“ bezeichnet. Hier sind die Wechsel nicht mehr gleichmäßig wie Wellen, sondern auf Monitoren als irre gezackte Linie sichtbar: mehrere gleichschnelle Schläge treten hintereinander auf, dann ein paar langsamere hintereinander, statt ständig zwischen schneller und langsamer zu wechseln.

In der Kohärenz kann sich das Herz viel besser an Veränderungen anpassen, es liegt eine hohe „Herzratenvariabilität“ vor. Bei der Geburt ist diese Herzratenvariabilität am höchsten, wenn wir sterben, ist sie am niedrigsten.

Dass die Herzratenvariabilität abnimmt und wir immer mehr ins Herz-Chaos verfallen, liegt vor allem daran, dass wir im Laufe des Lebens trainieren, ständig aufs Gaspedal des Körpers zu treten, aber das Bremsen verlernen. Während das gesunde Herz schnell auch auf kleine Gefühlsschwankungen reagiert, tut es das kranke immer weniger, wodurch Bluthochdruck, Diabetes, Krebs und Herzinfarkte begünstigt werden. Im schlimmsten Fall – wenn das Herz bei Gefühlsschwankungen überhaupt nicht mehr reagiert – ist das ein sehr gefährliches Zeichen: ein plötzlicher Herzstillstand und Tod ist nie wahrscheinlicher als in diesem Fall der komplett stillstehenden Herzratenvariabilität.

Sind Herz und Gehirn jedoch im Gleichgewicht, dann, so zeigen Studienergebnisse:

  • atmen wir ruhiger
  • haben einen niedrigeren Blutdruck
  • verbrauchen weniger Energie
  • altern langsamer
  • haben eine bessere Immunabwehr und sind dadurch deutlich seltener erkältet
  • sind weniger verspannt
  • sind weniger müde und gestresst und weniger anfällig für Ängste und Depressionen
  • kommen emotional besser mit den Anforderungen des Lebens zurecht
  • erleben mehr Flow-Zustände

Zum Glück können wir lernen, das Herz ins Gleichgewicht – in die Kohärenz – zu bringen

Das Herz ins Gleichgewicht bringen (Übung).

Die folgende Übung wurde am Heart-Math-Institute in Kalifornien erforscht und entwickelt; ihr Name: Herz-Kohärenz-Übung. Die Herz-Kohärenz-Übung ist eine Art Meditation, jedoch kein klassisches Entspannungsverfahren. Sie hat nichts mit der Anzahl der Herzschläge selbst zu tun, sondern nur mit deren gleichmäßigem Wechsel. Kohärenz lässt sich bei einem Puls von 50 genauso erzeugen wie bei einem Puls von 150 und ermöglicht innere Ruhe auch bei Anspannung und in Stresssituationen.

Die Übung besteht aus drei Schritten:

  • 1. Schritt: Zweimal langsam und tief einatmen. Dabei auf die Atmung konzentrieren und nach dem langsamen Ausatmen kurz pausieren, bis der Körper von sich aus nach dem nächsten Atemzug verlangt. So wird der entspannende Parasympathikus aktiviert, man tritt also schon mal auf die Körperbremse.
  • 2. Schritt: Weiter langsam und tief einatmen, ohne die Atmung willentlich zu beeinflussen. Dabei stellt man sich bildlich und sinnlich vor, man würde durch das Herz atmen (wer sein Herz noch nicht spürt, kann sich vorstellen, wie er durch den zentralen Brustbereich atmet). Beim Einatmen vorstellen, wie das Herz all die frische, beruhigende, reinigende Luft bekommt, die es braucht. Beim Ausatmen vorstellen, wie alle überflüssigen Abfallstoffe weggeblasen werden. Das Herz dabei beobachten, als würde man ein Kind beobachten, wie es friedlich und wohlig spielt.
  • 3. Schritt: Ruhig weiteratmen. Nun auf ein Gefühl von Wärme und Ausdehnung in der Brust achten und / oder auf Gefühle von Dankbarkeit oder Liebe. Unterstützen kann man dies, indem man an einen geliebten Menschen oder ein geliebtes Tier denkt, an einen schönen Urlaubstag oder an ein Bild friedlicher Ruhe inmitten der Natur. Die Erinnerungen lösen positive Gefühle aus, und positive Gefühle können genauso schnell zu Kohärenz führen, wie Angst, Sorgen, Traurigkeit oder Zorn Herz-Chaos auslösen.

Die Übung dauert höchstens ein paar Minuten. Sie wirkt umso schneller und besser, je regelmäßiger man sie anwendet. Je länger man sie einübt, umso schneller gelangt das Herz in Gleichgewicht und Kohärenz, und man selbst in ein Wohlgefühl.

Kommen Sie gut und achtsam durch diese Zeit!

Herzlichst
Ihre Anke Mehrholz


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Die HerzIntelligenz Methode – Gesundheit stärken Probleme meistern – mit der Kraft des Herzens
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