Lichtnarbe
Werd Dir heut das Leben schenken –
herzenswarm Dich hier empfangen.
Etwas sollt es anders lenken.
Bist einen andern Weg gegangen.
Wollt auf urgründigem Wege
Dich auf diese Welt hier bringen.
Gedanken, den ich gerne pflege –
den Weg wir zwei zusammen gingen.
Wir zwei in einem tiefen Einklang
über Wochen war´n verbunden.
Hast für Deinen Weltengang
klares Startsignal gefunden.
Unser Vertrauen in dieses Kommen –
bei den Begleitern leider ungeteilt.
Haben uns aus der Kraft genommen –
durch tiefe Narben uns fast entzweit.
Was mich umgab – alles eisig kalt.
Mein Körper war ein einzig Beben.
Verlor in allem meinen Halt.
Wurde ein Kampf um Tod und Leben.
War getrennt – wollt Dich doch sehen –
mein Blick auf Dich so hoch verhangen.
Aufgelöst in mir war das Verstehen –
abgrundtief in Angst gefangen.
Fühlte mich dort so ausgeliefert,
von Dir vollends abgeschnitten.
Kaum ein Gefühl wurd´ da erwidert.
Und was hast Du dabei durchlitten?
Dich so ans Licht der Welt zu geben –
nie im Traum hab ich daran gedacht.
Kann ich so ein Gefühl als Mutter leben?
Das wünsch ich mir jedoch ganz sacht.
Narbe hat uns auf dem Weg entzweit
und wird uns trotzdem auch verbinden.
Jetzt nehmen Du und ich uns alle Zeit
und werden uns tief im Herzen finden.
Sind tausendmal tief in Gedanken
gegangen urgründigen Weg ans Licht.
Werde daraus die Kraft jetzt tanken.
Trag genau diese Erinnerung für Dich.
(Anke Mehrholz)

für Fiete und seine Mama
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stellvertretend für alle, die auf dem Weg ans Licht der Welt so abrupt umgeleitet worden sind
∞

Es ist sicher unstrittig, dass für das Kind der Kaiserschnitt bei drohenden Komplikationen die sicherste Option ist. Aber Studien zeigen immer deutlicher auf, wie wichtig die natürliche Geburt für das Baby ist, z.B. für dessen Lunge, denn in dem engen Geburtskanal wird die Flüssigkeit aus den Atemwegen gepresst, womit sich das Organ schneller an die neuen Umstände anpasst.
Andere Untersuchungen deuten darauf hin, dass ein Kaiserschnitt Kinder später durchaus anfälliger werden lässt für Asthma oder Diabetes.
Auf dieser Grundlage plädieren auch staatliche Stellen wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) stärker für die Spontangeburt.
Für die werdenden Mütter ist eine Spontangeburt auch mental sehr wichtig. In einer Studie äußerten sich viele Mütter enttäuscht darüber, dass sie die natürliche Geburt nicht „geschafft“ hatten und sich nicht sofort um ihr Baby kümmern konnten. „Ich wusste zwar viel über den Ablauf des Kaiserschnitts“, so der Grundtenor der Aussagen aller Befragten, „war aber über die Folgen nur sehr schlecht informiert“.

Doch oft liegt es nicht an der mangelnden Kraft der Gebärenden oder einem wirklichen medizinischen Notfall, wenn die Geburt auf einen sekundären Kaiserschnitt „umgeleitet“ wird.
Viel zu oft noch wird den Frauen, insbesondere Erstgebärenden, die natürliche, intuitive Kompetenz aberkannt, auch lange und intensive Geburtswege zu durchschreiten.
Es fehlt klar die erforderliche personelle Ausstattung, um die Gebärenden durch die komplette Geburt hindurch nah zu begleiten. Genau das wäre auch erforderlich zuzüglich entsprechender Erfahrung bei allen Geburtsbegleitern, dass auch herausfordernde Geburten, wie eine Beckenendlage (Steißlage) als Spontangeburt begleitet werden können.

Fiete und seine Mama, die hier den Impuls für dieses Gedicht gegeben haben, waren genau in dieser Situation.
Mutter, Ärzte und Hebamme in der Vorsorge waren darauf eingestellt und unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen davon überzeugt, das Fiete auch aus seiner „verdrehten“ Lage heraus das Licht der Welt auf normalen Weg erblicken kann.
Die Unsicherheit lag hier dann aber an den tatsächlich begleitenden Personen unter der Geburt. Man kann sicher davon ausgehen, dass unter dem bestehenden Rahmen der Kaiserschnitt für das Baby am Ende der einfachere Weg war. Dennoch bleibt neben den körperlichen Themen, die ein Kaiserschnitt mit sich bringt, auch die seelische Ebene mit ihren eigenen Herausforderungen und Schmerzen.

Neben all den medizinischen Aspekten eines Kaiserschnitts als OP bleibt er dennoch eine Geburt und damit etwas extrem Großes, Einmaliges und Wichtiges im Leben des Kindes, der werdenden Mutter/ Eltern.
Insofern erfordert er in der Durchführung mehr Berücksichtigung der physischen wie auch psychischen Belange aller.
Auch in der aktuellen Pandemielage muss eine Begleitung im OP, z.B. durch den werdenden Vater, möglich sein.
Das Sichtbarmachen der Geburt durch Herunternehmen der Verdeckung (Tuch) sollte grundsätzlich Option sein.
Bei allen hygienischen Belangen muss es möglich sein, den werdenden Müttern unter der Geburt entsprechende Wärme zuzuführen (z.B. partielle Wärmematten).
Etwaige psychische „Nachwehen“ einer solchen Geburt lassen sich gut mit EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) behandeln und bringen Mutter und Kind in eine gute tiefe Verbindung.
https://www.ankemehrholz.de/emdr
Herzlichst Ihre
Anke Mehrholz