Nestwärme
Ich bin aus meinem Mutternest gefallen.
Vielleicht nie wirklich aufgenommen –
war ich doch auch unwillkommen.
Kein Bild an herzenstiefes Zuwenden
will sich in der Erinnerung mir zeigen.
Liebevolle Nähe und sich zuneigen –
ein von Sicherheit getragenes Bild.
Doch folge ich meinen Körperzeichen
und was meine Seele mir will zeigen:
Ich war ein lebendig schützend Schild.
Dieser Bruch vom überlebenswichtig Binden –
tief eingegraben ins Gedächtnis, implizit,
hat mich viel zu lange missbräuchlich gesteuert –
Angst vorm Verlassenwerden stark befeuert.
Großen Teil des Lebens verharrt im Defizit.
Es gibt nur Schwarz und Weiß, alles oder nichts.
Kaum Chancen im Denken zu differenzieren.
Kann als Kind empfinden nur aus einer Sicht:
gibt nur geborgen oder bedroht im Leben.
Langer Weg, dazwischen gut zu balancieren.
Angst vorm Verlassenwerden – so gut getarnt.
Mit all dem müsste ich trauern, wüten, hassen.
Ließ mich viel zu lange im Gift verbunden sein.
Hab jetzt gelernt, wie mich meine Seele warnt –
kann mich selbst in meinem Wert nun fassen.
Was für eine Kraft, mich ganz zu akzeptieren:
Selbsterschaffenes Urvertrauen!
Gegen Wiederstände gekämpft – stark geblieben,
konnte ich mein eigenes Nest mir bauen.
Werde das Beschütztsein nie mehr verlieren.
Ja – ich bin es wert,
herzenstief zu lieben.
(Anke Mehrholz)
